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Marquess Tagebuch: die Zweite

20.Okt.07

 

Heute waren wir alle wieder in Ulm auf dem Windhundauslauf. Marquess war, wie alle anderen Hunde auch, schon freudig erregt, als wir zur Wiese gelaufen sind. Aber dann, als es ans reingehen ging, überkam ihn doch eine leichte Unsicherheit. Vielleicht hat er sich an das erste mal erinnert, als er sich auf einmal so verlassen gefühlt hatte, ich weiß es nicht. Jedenfalls hat er beim Eingang erstmal gebremst und mußte mit sanfter Gewalt zum Türle reingeschoben werden sonst hätte er wahrscheinlich auf dem Hinterlauf-Ballen umgedreht und wäre zum Auto zurück gelaufen.
Aber als wir dann alle abgeleint hatten und Jule und Noelle sofort losstürmten, trabte auch Marquess mit freudig geringelter Rute hinterdrein. Schließlich konnte er seine beiden Mädels ja nicht alleine lassen.


Wegen des kühlen Wetters war nicht ganz so viel los wie beim letzten mal und unsere Hunde flitzten übermütig über die ganze Wiese. Auch Marquess war noch viel gelöster als beim ersten Auslauf. Er stromerte fröhlich zwischen den Menschen umher, knüpfte neue Freundschaften und genoß es, auch mal ohne Leine unterwegs zu sein.

Einmal war er dann doch recht weit von uns entfernt und wir riefen nach ihm. Stellt euch vor: er hat sich wirklich umgedreht und uns gesucht. Ich hab dann gelockt, mich nach vorn gebeugt, Schenkel geklopft, gerufen, gelobt und er kam tatsächlich auf direktem Weg zu uns zurück. Naja, beinahe.... er hat dann noch einen kleinen Zwischenstopp eingelegt, weil ihm unterwegs ein paar Menschlein entgegen kamen, die er natürlich zuerst freundlich begrüßen mußte. Als ich dann aber nochmal gerufen hab, hat er mich angeschaut und kam schnurstracks zu uns getrabt.
Es sah aus, als würde er vor Freude strahlen, als er unsere Gesichter in der Menge ausmachen konnte. Die Rute war wie immer steil geringelt und seine Ohren hat er, je näher er kam, freudig immer weiter nach hinten geklappt. Das sah so goldig aus. Ich war stolz wie Oskar auf unser Podi-Männlein! 

Ganz so lange wie beim vorigen Auslauf konnten wir nicht bleiben. Es wurde  gegen später wirklich bitterkalt. und die Hunde standen nur noch da und zitterten. Zum Glück hatte ich die Mäntelchen eingepackt. Emmy - und besonders Marquess waren mächtig froh, dass es wenigstens ein wenig wärmer war unter dem Fleecemäntelchen. 
Zwischendrin hatten wir aber Glück und die Sonne blinzelte zwischen den Wolken hervor und riss eine große Lücke in die Wolkendecke. So konnten die Hunde und wir uns wenigstens am Nachmittag noch ein wenig aufwärmen bevor sie endgültig hinter der Böschung verschwand und es richtig kalt wurde.

Marquess stand am Ende nur noch hinter uns. Der Rücken krumm, die Ohren hingen bedauernswert zur Seite und seine Augen sprachen Bände: Männlein wollte heim! Seine ganze Körpersprache war darauf ausgerichtet uns zu demonstrieren, wie sehr er fror. So packten wir also unsere Hunde, die Decke, die Mäntelchen und Leinen und machten uns auf den Heimweg. Keiner der Wuffels wollte an diesem Abend nochmal raus. Nach dem Fressen haben sie sich alle ein kuschliges warmes Plätzchen gesucht und geschlummert. Nein, Kälte mögen die Windis nicht, keiner von ihnen...


22.Okt.07

Mann, ist das kalt geworden! Der Winter klopft dieses Jahr schon extrem früh an die Tür - für meinen Geschmack viel zu früh und viel zu hartnäckig! Da jagt man echt keinen Hund vor die Tür - schon garnicht wenn dieser Hund ein "Wind"- vor dem Hund stehen hat! Darin sind sich meine Wuffels AUSNAHMSLOS einig. OK, gassigehen - da machen sie alle natürlich gerne eine Ausnahme! - wegen des Genußfaktors und der Tatsache, dass man nur "Tagblättle" lesen kann, wenn man draussen unterwegs ist! Aber unnötig in den Garten gejagt zu werden, nur weil Fraule meint, man sollte mal wieder ein Pipi machen - auf gar keinen Fall!
Marquess macht dabei keine Ausnahme.
Wenn ich versuche, Marquess morgens mit den anderen in den Garten zu schicken, weil ich denke "die Hunde sollten jetzt aber wirklich mal raus", dann zeigt er mir eindeutig, was er davon hält: nichts! 


Unser Männlein weiß nämlich selbst, und viel genauer als ich, wann er raus muß.
Es bringt wirklich nichts, ihn bei diesen inakzeptablen Temperaturen in den Garten zu schieben, wenn er noch nicht dringend seine Notdurft verrichten muß. Auch Jule oder Noelle die, wenn sie dann mal draussen sind, auch trotz der Kälte durch den Garten flitzen, können daran nichts ändern. Marquess hat dafür überhaupt kein Verständnis. Eine Nase voll kalter Luft reicht ihm aus um zu beschließen: Er will wieder rein!! 
Meist sitzt er dann bibbernd vor Kälte auf der Terrasse und zelebriert mit Genuß "bedauernswerter, frierender Spanier"!
Ehrlich gesagt empfinde ich diese "Eigenart" von Marquess keineswegs als störend. Im Gegenteil: ich steh ja selbst nicht gerne bei diesen Temperaturen im Garten rum und warte schlotternd vor Kälte - oft auch vergeblich - dass die Hundies alle ihr Pipi gemacht haben.
Dann doch lieber einen Hund, der mir ganz deutlich zeigt, wann und dass es an der Zeit ist, den Garten aufzusuchen. Denn das macht Marquess. Er steht von sich aus von seinem über alles geliebten Schlafplätzle auf, tippelt zur Haustür, tippelt hin und her, schaut die Tür an oder kommt die Stiegen hoch zu mir, schaut mich an und wenn ich dann frage, "mußt du raus?", geht er mir voran wieder nach unten! Toll, gell?! Und dann macht er auch anstandslos sein Geschäftchen ohne dass wir beide großartig vor Kälte rumzittern und schnell wieder in die Wärme können.
Er ist überhaupt ein ganz genügsamer, zufriedener Bursche. Zusammengerollt liegt er auf seiner Decke oder im Kudde oder macht es sich zwischendurch auch mal auf dem Sofa bequem (meistens nur, wenn ihm der unheimliche Staubsauger zu nahe kommt, während er im Kudde schlummert). Dort liegt er und träumt, bis ich zur Kellertür gehe um Halsbänder und Leinen zu holen für´s Gassi. Und dann kommt Leben und Freude in unser Männlein. Schnell zur Tür gelaufen und freiwillig - sogar als erstes - raus in die Kälte, "wackel, wedel, strahl"! Jetzt geht es los! Neben mir hergetänzelt bis zum Türle, die Rute wedelt vor Freude hin und her, die Ohren liegen an, dass es aussieht als würde er lachen. Und wenn ich dann den Kofferaumdeckel aufgemacht hab, dann ist er der erste, der freudig und aufgeregt ins Auto hopst! 

Marquess ist ein ganz toller, süßer Podi. 
Sein Wesen ist ruhig und gefestigt. Er ist ein Hund der durch sein bisheriges Leben gereift ist und geprägt wurde und der dadurch mit einer Weisheit beseelt ist, die ihm diese wundervolle, liebenswerte und ganz besondere Ausstrahlung verleiht. 

Ein Podi, der seine Gassigänge von ganzem Herzen genießt, der sich freut, seine Welt zu entdecken, der neugierig ist und aufgeschlossen für alles Neue. Der aber auch danach wieder seelig auf seiner Decke zusammensinkt und schläft und der es von Herzen genießt und liebt, wenn man ihn beschmust und knuddelt:
Er ist einfach ein ganz großer Schatz unser Marquess!


24.Okt.07

Es ist immernoch grau und kalt draussen. Ein kalter Wind ist ausserdem noch dazu gekommen - brrrrr. Darum habe ich beschlossen, mit meinen Hunden heut im Wald spazieren zu gehen. Dort wedelt es nicht so sehr und die Kälte kriecht einem nicht so schnell in die Knochen. 
Schön war´s im Wald und meine Hundies haben es genossen. Es war noch nicht zu spät - erst halb zehn morgens und wir waren ganz allein. Marquess hatte ich heut mal das Geschirr angezogen weil ich sehen wollte, ob er damit inzwischen auch läuft. Tut er! So richtig gut macht er das. Es ist auch geschickter, weil sich so die Leine nicht immer um seinen Hals wickelt wenn er sich einmal im Kreis dreht. Marquess hat einen sehr kräftigen Hals und so sitzt das Halsband nicht so locker, dass es sich mitdreht. Ich werde ihn jetzt öfters am Geschirr spazieren führen. 


Wir sind also durch den Wald geschlendert, Marquess, Emmy und Jule. Die Hunde haben viele frische Spuren in die Nase bekommen und waren sehr wachsam und neugierig. Marquess stand oft am Rand der Böschung und hat den Blick hinunter durch den Wald schweifen lassen. Richtig anmutig sah er aus, wie er da so stand: Die Muskulatur angespannt, die Ohren steil aufgerichtet, den Blick geschärft. Schade, dass ich keinen Foto dabei hatte. Ich hätte euch zu gerne an diesen Anblick teilhaben lassen! 
Aber Rehe und Co. hatten sich gut versteckt und blieben erstmal unentdeckt.
Wir waren schon wieder auf dem Weg zurück, als Marquess wieder einmal vor mir an der Böschung schnuffelte. Ich konnte nichts ungewöhnliches entdecken ausser braunem Laub und Ästen, als plötzlich - nur einen halben Meter neben mir und knapp neben Marquess Schnauze - etwas Kleines aus dem Laub herausgeschnellt kam! Wow! Ich konnte garnicht so schnell reagieren. Wir waren aber alle irgendwie perplex! Alle, außer unserem Entdecker-Männlein! Kaum gedacht, da flitzte dieses kleine Wesen schon eilig den Weg entlang vor uns her und verschwand wieder im Gebüsch. Ein kleiner Hase?!, ein wirklich noch sehr kleiner Hase hoppelte da gerade im Eiltempo um sein Leben! Puh - das hätte auch böse ausgehen können wenn der kleine Mümmler nicht schnell genug gewesen wäre! 


Marquess rannte (selbstverständlich angeleint) seiner fliehenden Beute hinterher. In solchen Momenten wünsche ich mir, mindestens 3 Hände zu haben. Zum Glück stand Jule regungslos neben mir (warum auch immer, normal ist sie unsere "Jägerin vor dem Herrn" - ich war jedenfalls froh, dass sie nicht auch noch dem Häschen hinterher wollte) und Emmy stand rechts von mir und schaute sich irritiert um. Marquess stimmte ein aufgeregtes Jagdgebell an aber ich konnte ihn gut halten und nach einer Weile beruhigte er sich auch wieder. Naja, sagen wir mal so: alle waren wieder unter Kontrolle ) Klar, dass die Hunde anschließend noch aufmerksamer durch den Wald liefen und nach Beute spähten! Und ein paar Meter weiter war es dann auch wieder so weit: Emmy hatte sich ihrer Lieblingsbeschäftigung hingegeben (Mäuschen in Asthaufen suchen) als sie sich plötzlich setzte und in den Wald starrte. "Och nee, nicht schon wieder", dacht ich noch so bei mir. Auf einmal ein lautes, mir schon bekanntes Rascheln und nicht weit von uns flieht ein Rudel Rehe tiefer in den Wald. Marquess, Jule und Emmy in Anspannung, die Augen aufgerissen und freudig erregtes Jagdgebell angestimmt. Aber sie blieben alle schön bei mir und haben auch nicht versucht hinterher zu jagen!
Allerdings war ich nach der Begegnung mit dem suizidgefärdeten Mümmelmann auch auf "hab Acht" und hatte sicherheitshalber die Leinen nicht ganz ausgefahren. 
Nachdem die erste große Aufregung sich wieder gelegt hatte hab ich meine Truppe aber erstmal richtig doll gelobt und eine Runde Leckerli ausgegeben. Ich war erleichtert, dass sie sich so brav und anständig verhalten haben und nicht wie ein paar hirnlose Jäger versucht haben, den Rehen hinterher zu hetzen.
Nach einer kleinen Weile konnt ich auch die Leinen wieder länger lassen ohne dass alle gleich aufgeregt schnuppernd in Richtung Gebüsch gezogen haben. 
Der restliche Spaziergang verlief ruhig und ohne  Wildsichtungen ) und wir kamen ohne weitere Zwischenfälle beim Auto an.

Für die Hunde war es ein sehr interssanter und ereignisreicher Spaziergang. Für mich ein interessanter Spaziergang mit kleineren Herausforderungen. Aber das macht nichts aus, damit muß man rechnen, wenn man mit Hunden - speziell mit Jagdhunden - durch den Wald läuft ;o) 
Und es schult mich, die Augen noch besser aufzuhalten und meinen Blick für die Umgebung zu schärfen damit ich in Zukunft das Wild noch öfter vor den Hunden entdecke und somit schneller und besser reagieren kann!

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